Spezielle Funktionsbeschichtungen auf ORMOCER®-Basis

Innovative Beschichtungen für spezielle Anwendungsbereiche

ORMOCER®- und bioORMOCER®-Schichten zeichnen sich durch anorganisch-organische Strukturen aus, die eine hohe Flexibilität bei gleichzeitig hohem Härtegrad sowie eine gute chemische Beständigkeit erlauben. Dadurch sind sie sehr anpassungsfähig – je nach individuellem Bedarf können sie härter oder flexibler gestaltet werden. Zudem sind ORMOCER®-Beschichtungen sehr dünn, also materialschonend. Spezielle Funktionsbeschichtungen weisen zusätzlich Eigenschaften wie Isolierfähigkeit, IR-Reflexion, Flammschutz und Sensorfunktion auf. Somit finden unsere Beschichtungen in den unterschiedlichsten Branchen Anwendung, beispielsweise im Automotive-Sektor, der Medizintechnik oder der Elektronik.

In der modernen Materialforschung spielen spezielle Funktionsbeschichtungen eine entscheidende Rolle. Sie bieten nicht nur Schutz und Stabilität, sondern verleihen Oberflächen auch gezielte funktionelle Eigenschaften. Besonders ORMOCER®- und bioORMOCER®-Schichten zeichnen sich durch ihre einzigartige Hybridstruktur aus, die organische und anorganische Komponenten kombiniert. Diese Materialklasse ermöglicht die Entwicklung von gezielt einstellbaren Eigenschaften, sowie von Isolier-, IR-reflektierenden, photokatalytischen und strukturierbaren Schichten oder innovativen Sensoren.

Dank ihrer hohen Anpassungsfähigkeit und Vielseitigkeit tragen sie zur Lösung komplexer technologischer Herausforderungen in verschiedenen Industrien bei.

IR-reflektierende Schichten

IR-reflektierende ORMOCER-Funktionsschicht für Fassadenausrüstung
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Reine ORMOCER®-Schichten haben keinen Effekt auf Wärmestrahlung, jedoch können durch die gezielte Einarbeitung von Aluminiumpigmenten Infrarot reflektierende Oberflächen erzeugt werden. Dadurch entsteht eine geringe Wärmestrahlungsemittivität, die verhindert, dass die Oberfläche zu stark abkühlt. Zugleich unterbindet eine hydrophobe Ausrüstung der Schicht Feuchtigkeits- oder Wasseransammlungen an der Oberfläche. Je nach Anwendungsfall, z. B. bei der Fassadenausrüstung, kann so das Wachstum von Mikroorganismen verhindert werden. Die Oberflächen bleiben also sauber, während die reflektierende Wirkung erhalten bleibt. ORMOCER®-Beschichtungen zeichnen sich in diesem Fall durch eine Anpassung der IR-Absorption und eine gute Pigmentverträglichkeit aus.

Flammschutz-Schichten

ORMOCER®-Schichten als Flammschutz
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ORMOCER®-Schichten charakterisiert infolge ihres anorganischen Teilcharakters eine recht hohe Temperaturbeständigkeit (Dauerbelastung zwischen 220 °C, kurzzeitige Belastung bis zu 250 °C). Eine Flammschutzfunktion ist dann durch eine gezielte Additivierung möglich. Hierfür können kommerzielle Flammschutzadditive (z. B. Rucoflam®) oder auch Schichtsilikate verwendet werden. Auch hier können kommerzielle oder spezielle Fraunhofer ISC Entwicklungen (Nano-Schichtsilikate) zum Einsatz kommen. Eingearbeitet in die ORMOCER®-Matrix sorgen diese dafür, dass zum einen die Barrierewirkung der Schichten gegenüber Sauerstoff zunimmt und damit eine Flammenreduzierung eintreten kann. Indem Sauerstoff in die Zwischenschichten der Silicate eingelagert wird, wird die Rauch- und Schadgasentwicklung reduziert.
Die Anwendungen für solche Schichten liegen z. B. im Bereich der Heimtextilien (Polsterstoffe oder Bodenbelag) oder für Arbeitstextilien.

ORMOCER®-Flammschutzschichten erweisen sich also ebenfalls als geeignetes Matrixmaterial für Funktionsadditive. Deren eigentliche Funktion wird unterstützt, indem sich die Formulierungen der Additive gut anpassen lassen, sodass sie homogen eingearbeitet werden können. Außerdem ist es möglich, den Anteil der Additive so zu maximieren, dass auch andere Schichteigenschaften wie z. B. thermische Stabilität deren Hauptfunktion begünstigt.

Photokatalytische Schichten

Eine Querschnittstechnologie stellen photokatalytische Schichten dar, denn sie können neben antimikrobiellen Eigenschaften und superhydrophilen Oberflächen auch selbstreinigende Flächen erzeugen. Bei dem hierfür verantwortlichen Funktionsadditiv handelt es sich um TiO2-Partikel (Anatas).

Durch UV-Strahlung bilden sich Sauerstoff- und Hydroxylradikale, die extrem hydrophil sind und Wasser auf der Oberfläche sofort spreiten lassen. Der Kontaktwinkel einer Schicht kann hierdurch um bis zu 70 ° reduziert werden. Zudem sind sie in der Lage, organische Stoffe zu oxidieren und zu zersetzen.

Dieser Prozess dauert einige Zeit, aber durch kontinuierliche UV-Strahlung werden Farbstoffe, Aromen, Mikroorganismen etc. innerhalb weniger Stunden signifikant abgebaut. Die Effektivität und Zeitabhängigkeit hängen dabei von der Struktur der Verunreinigungen ab. Die ORMOCER®-Schicht fungiert hier als Bindersystem. Aufgrund ihres anorganischen Anteils bietet sie eine deutlich höhere Stabilität gegen radikalinduzierten Abbau im Vergleich zu rein organischen Schichten, während sie gleichzeitig die Partikel chemisch fixiert.

Strukturierbare Schichten

Strukturierbare ORMOCER®-Schichten für Lotus-Effekt
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Für gewöhnlich sind ORMOCER®-Schichten sehr eben und können Rauigkeiten von < 2 nm aufweisen, sie können jedoch auch strukturiert werden. Eine eher zufällige Strukturierung wird durch die Einarbeitung von Partikeln erzielt. Neben der Einstellung des Glanzgrades (von matt zu hochglänzend) kann diese Struktur über den bekannten Lotus-Effekt auch zur Hydrophobie von Oberflächen beitragen. Durch die reaktiven Gruppen des ORMOCER® können die Partikel auch chemisch angebunden werden und damit eine bessere Stabilität erreicht werden.
Die Einstellung des Glanzgrades ist z. B. für Automotive- oder Möbeloberflächen relevant, der wasserabweisende Charakter ist daneben auch für Haushaltgeräte oder Textilien anwendbar.

Eine Strukturierung der Oberfläche kann aber auch durch eine mechanische Abformung im Sub-Mikrometer Bereich erreicht werden und damit eine Breitband-Antireflexschicht erzeugen werden. Die Schichten werden nach dem eigentlichen Prägevorgang mittels UV-Licht gehärtet. Als mögliche Geometrien sind z. B. aus der Natur bekannte Mottenaugenstrukturen zugänglich.

ORMOCER®-Schichten als Sensoren

ORMOCER-Schicht für Glucose-Sensor
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In der Regel verfügen ORMOCER®-Hybridschichten hauptsächlich über eine passive Funktion. Sie können aber auch so designed werden, dass sie aufgrund eingebauter Reaktivzentren eine aktive Sensorfunktion übernehmen, die sich beispielsweise bei CO2- oder SO2-Gassensorschichten für industrielle Prozesse (auch Arbeitssicherheit), zur Überwachung der Luftqualität in Wohn- und Arbeitsräumen oder zur Optimierung des Pflanzenwachstums als nützlich erweisen. Diese reagieren mit einer spezifisch funktionellen Gruppe im Siloxangerüst und bilden ein Addukt, welches sich z. B. im Brechungsindex von der Ausgangsschicht unterscheidet. Diese Änderung kann direkt optisch detektiert werden. Da die Adduktbildung reversibel ist, kann auch der Abfall der Gaskonzentration visuell nachvollzogen werden, sodass eine umfassende Kontrolle und Überwachung möglich ist.

Am Fraunhofer ISC wurde auch ein Glucose-Sensor entwickelt, dem ein indirektes Messprinzip zugrunde liegt. Hierfür wird in der ORMOCER®-Schicht der Sauerstoffverbrauch der Glukoseoxidation durch einen eingebundenen sauerstoffempfindlichen Metallkomplex detektiert, der sich proportional zur Glukosekonzentration ändert. Die veränderten Sauerstoffkonzentrationen werden anschließend durch Änderungen im Fluoreszenzspektrum des Metallkomplexes detektiert. Die Anwendung liegt im Bereich der Überwachung des Blutzuckerspiegels bei Diabetikern, für die klinische Forschung zu Studien zur Blutzuckerregulation und -kontrolle oder zur Qualitätskontrolle von Lebensmitteln.

Die ORMOCER®-Materialien zeichnen sich hier also durch ihre Stärke bei der Anpassbarkeit aus sowie durch die Möglichkeit, funktionale Silane oder andere funktionale Moleküle einbringen zu können.

Schichten für Fasersensoren

ORMOCER Funktionsschichten für Fasersensoren wie Glasfaser
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Durch ihre glasartige Grundstruktur weisen ORMOCER®-Schichten eine sehr gute Haftung auf, speziell auf Glas. Silikonstrukturen und der organische Anteil machen ORMOCER®-Beschichtungen dazu flexibel. Optische Fasersensoren zur Messung von Druck, Dehnung oder Temperatur fordern eben jene Eigenschaften. Für optische Dehnungssensoren (z. B. für den Medizin- oder Optoelektronikbereich) wurden ORMOCER®-Formulierungen entwickelt, die ein angepasstes E-Modul aufweisen. Sie sind zudem so flexibel, dass kleine Biegeradien möglich sind. Die Formulierungen wurden derart angepasst, dass der Applikationsprozess bei der Glasfaserbeschichtung inline und einfach gestaltet werden konnte. Durch einen geringen Lösemittelgehalt und die sekundenschnelle UV-Härtung können die Glasfasern direkt am Faserziehturm beschichtet werden. Dabei weisen sie keinen negativen Einfluss auf die Lichtleitung und die Kraftübertragungen auf, z. B. bei der Druckmessung, und schützen die Glasoberfläche gegen mechanische Beschädigungen sowie chemische Einflüsse.

ORMOCER®-Schichten als Vernetzungsmittel

ORMOCER®-Schichten als Vernetzungsmittel
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In die ORMOCER®-Formulierungen können partikuläre Additive eingearbeitet werden, um die Schichten z. B. leitfähig zu machen. Die Beschichtung agiert hier als Bindersystem. (bio)ORMOCER®-Materialien können aber auch gezielt als vernetzende Binder eingesetzt werden, etwa bei Nassfestzusätzen für Wellpappenklebstoffe. Durch die vielen reaktiven Vernetzungsstellen können andere Moleküle kovalent miteinander verbunden werden. Hierfür ist es wichtig die Synthese so zu modifizieren, dass die Silanolgruppen noch zur Verfügung stehen. Gleichermaßen soll der Trocknungsprozess ausreichend Energie für die Vernetzung der ORMOCER®-Beschichtung bereitstellen, während die Schicht trocknet.